Saatkrähen im Wadersloher Park – Aussitzen oder Handeln?

Wadersloh – Der Mehrgenerationenpark in Wadersloh, gerade erst 2019 als grüne Erholungsoase mit nicht unerheblichen Fördermitteln aus dem Leaderprogramm bürger-nah und barrierefrei umgestaltet, steht vor einer wachsenden Herausforderung: Saatkrähen (Corvus frugilegus) haben die hohen Platanen des Parks als ideale Nist-bäume entdeckt und dort eine Brutkolonie gegründet. Im Gegensatz zu den Raben-krähen und Dohlen brüten sie in Nistkolonien und sind standorttreu. Zählte man vor zwei Jahren sechs Nester, waren es im vergangenen Jahr bereits 13 und in diesem Frühjahr wurden 23 Nester gezählt. Bei 3-6 Eiern pro Nest ist die Tendenz eindeutig: steigend.


Von der Idylle zur Belastung

Was für Naturschützer ein Zeichen ökologischer Vitalität gelten mag, empfinden viele Anwohner und Parkbesucher als massive Störung. Lärm, Krähenkot und herabfallende Zweige beim Nestbau beeinträchtigen die Nutzung des Parks erheblich. Besonders betroffen sind Familien mit Kindern und Senioren, die die neuen Spiel- und Sportgeräte sowie Ruhebänke nutzen möchten – und sich stattdessen mit Krähenalarm und Kot konfrontiert sehen. Auch das geplante Wohnprojekt „Rosenhöhe“, das den Park als Erholungs- und Begenungsraum nutzen sah, sieht diese Möglichkeit schwinden.

Warnung aus Soest: 1.700 Nester – eine mögliche Zukunft?

Ein Blick ins benachbarte Soest zeigt, wohin die Entwicklung im schlimmsten Fall führen kann: Dort wurden mittlerweile rund 1.700 Saatkrähennester gezählt. Die hiesige Kolonie hat sich bereits in einer benachbarten Rotbuche geteilt – ein deutliches Zeichen für ihre Dynamik. Was in Wadersloh noch überschaubar scheint, könnte sich binnen weniger Jahre zu einem ähnlichen Problem wie in Soest entwickeln.


Artenschutz versus Artenvielfalt

Saatkrähen stehen nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz ganzjährig unter Schutz. Doch während ihre Anzahl in Nordrhein-Westfalen ständigt zunimmt (nach NABU ca. 43.000 Brutpaare 2025), kämpfen andere heimische Vogelarten ums Überleben. Besonders betroffen sind Feldvögel wie der Kiebitz, die Feldlerche und das Rebhuhn. Laut NABU sind die Bestände des Kiebitzes um 93 % zurückgegangen, bei der Feldlerche um 55 % und beim Rebhuhn sogar um 91 %. Hauptursache: die intensive Landwirtschaft. Monokulturen, Pestizideinsatz und der Verlust von Brachflächen führen zu einem dramatischen Rückgang von Insekten – der wichtigsten Nahrungsquelle für viele Vogelarten und ihre Jungtiere.

Für die mit der Saatkrähe verwandte Rabenkrähe (Corvus corone corone) gibt der NABU für NRW 2025 einen Bestand von 68.000-87.000 Brutpaare an. Die Rabenkrähe ist aber vom 1. August bis 10. März von Jägern zu bejagen. Für 2023/24 wurde die Jagdstrecke mit ca. 97.000 Tieren angegeben.


Appell an die Bürgerschaft: Keine Fütterung – kein Müll

Ein weiterer Faktor, der die Saatkrähenpopulation lokal begünstigt, ist das menschliche Verhalten. Essensreste im öffentlichen Raum und gezielte Fütterung locken die Vögel an und fördern ihre Ansiedlung. Daher sollten alle Bürgerinnen und Bürger darauf achten, keine Lebensmittel im Park zu hinterlassen und die Tiere nicht anzufüttern. Jede achtlos weggeworfene Pommes kann zur nächsten Nestgründung beitragen.


Gemeindeverwaltung gefordert – Aussitzen oder Handeln?

Nach der Brutsaison ist vor der Brutsaison. Die Gemeinde Wadersloh steht nun vor der Frage: Aussitzen oder handeln? Die Belastung für Mensch und Natur wächst – und eine Lösung ist nicht in Sicht, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. In einem Gespräch mit Vertretern der FWG haben die zuständigen Vertreter der Gemeindeverwaltung signalisiert, dass sie mit dem Baumbeauftragen der Gemeinde Rücksprache treffen werden, in wie weit ein Rückschnitt der Platanen im jetzt kommenden Herbst und Winter möglich ist, der die Anlage von Nestern den Krähen deutlich erschwert und zudem die Verkehrssicherheit der Bäume gewährleistet und erhöht. Hierzu wird man sich mit der unteren Umweltbehörde abstimmen, um naturschutzrechtliche Vorgaben zu wahren. Es besteht also berechtigte Hoffnung, dass sich etwas im Puncto Krähenproblem im Mehr-genertionenpark Wadersloh bewegt.


Fazit: Jetzt handeln, bevor das Problem eskaliert

Die Saatkrähen sind gekommen, um zu bleiben – doch wie viele es werden, liegt auch in der Hand der Gemeinde. Eine kluge, abgestimmte Strategie ist gefragt, um den Park als Erholungsraum zu erhalten und gleichzeitig dem Artenschutz gerecht zu werden. Denn eines ist sicher: Der nächste Frühling und die nächste Brutsaison kommen bestimmt. Es gilt jetzt im Herbst und Winter zu handeln, denn bereits Ende Februar, wenn der Park im lila Blütenmeer der Krokusse erstrahlt, beginnnen die Saatkrähen mit dem Bau neuer Nester. Mit der ersten Eiablage  sind dann alle Vergrämungsmaßnahmen bis zum Ende der Brutsaison verboten und nur noch mit einer Sondergenehmigung der unteren Umweltbehörde möglich.